Sie als Gleichstellungsbeauftragte werden sich sicherlich fragen, was für rechtliche Möglichkeiten Sie haben, wenn es zu Parolen, Vorurteilen und sexistischen Äußerungen oder gar zu einer sexuellen Belästigung kommt. Wie hier die rechtliche Einordnung zu sehen ist, lesen Sie im folgenden Beitrag.
„Kommt drauf an“, sagen Jurist*innen häufig – hier auch
Wie Juristen*innen es häufig sagen: „Es kommt darauf an!“ Auch bei sexistischen Äußerungen kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an – und insbesondere auf die Schwere der Äußerungen.
Sexistische Äußerungen können eine Belästigung sein
Grundsätzlich ist es schwierig, sexistische Äußerungen tatsächlich rechtlich zu fassen. Denkbar wäre aber – hier ist mir allerdings keine gerichtliche Entscheidung bekannt –, dass eine sexistische Äußerung schon das Gewicht und die Schwere einer Belästigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beinhaltet.
Belästigung nach dem AGG könnte herangezogen werden
Bekanntlich findet sich für die Belästigung neben der sexuellen Belästigung in § 3 Abs. 3 AGG eine Definition.
Hiernach ist von einer Belästigung dann auszugehen,
- wenn es sich um eine unerwünschte Verhaltensweise handelt,
- die mit einem Merkmal des § 1 AGG (hier: Geschlecht) im Zusammenhang steht und
- bezweckt oder bewirkt,
- dass die Würde der betroffenen Person verletzt und
- ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen,Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Wie der Definition unschwer zu entnehmen ist, kommt es ganz auf die Schwere der Äußerung an. Deshalb wird immer im Einzelfall zu beurteilen sein, ob die Äußerung schon bereits eine Würdeverletzung darstellt. In unseren Beispielen auf den Seiten 5 bis 7 wird man hiervon in vielen Fällen ausgehen können, weil sie in der Regel eine Beleidigung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts darstellen und insoweit auch die Würde von Frauen verletzen.
Ist die Belästigung sexuell bestimmt, können Sie die Definition zur sexuellen Belästigung heranziehen, die sich in § 3 Abs. 4 AGG findet. Von einer sexuellen Belästigung ist danach auszugehen,
1. wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten – und hierzu zählen auch Bemerkungen sexuellen Inhalts
2. bezweckt oder bewirkt,
3. dass die Würde der betroffenen Person verletzt, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Das Beispiel auf Seite 7: „Du musst auch mal wieder richtig durchgevögelt werden, dann bist du entspannter“ wird ohne Frage den Tatbestand einer sexuellen Belästigung erfüllen.
Das können Sie als Gleichstellungsbeauftragte tun
Wenn Sie einschätzen, dass es sich in dem einen oder anderen Fall um eine Belästigung oder auch sexuelle Belästigung handelt, können Sie nach den Frauengleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder natürlich zunächst einmal einschreiten. Fordern Sie den*die Arbeitgeber*in auf, in der Angelegenheit umgehend etwas zu unternehmen und das Verhalten zu unterbinden sowie zu sanktionieren. Denn Arbeitgeber*innen sind nach dem AGG verpflichtet, umgehend einzuschreiten, wenn es zu einer Belästigung oder sexuellen Belästigung in der Dienststelle kommt.
Wird Ihre Dienststellenleitung auf Ihren Hinweis hin nicht tätig, haben Sie natürlich die Möglichkeit, gegen unterlassene Maß- nahmen zum Schutz vor der Belästigung oder sexuellen Belästigung auch einen Einspruch, Widerspruch oder eine Beanstandung einzulegen. Zudem sollten Sie die betroffene Person darauf hinweisen, dass sie die Möglichkeit hat, gegen den*die Arbeitgeber*in Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche gemäß § 15 Abs. 1, 2 AGG innerhalb der Frist von 2 Monaten geltend zu machen.
Das können Beschäftigte tun
Beschäftigte, die sich belästigt oder sexuell belästigt fühlen, haben auch die Möglichkeit, von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, wenn der*die Arbeitgeber*in keine Initiative ergreift, um die Belästigung bzw. sexuelle Belästigung abzustellen. Tatsächlich ist dies aber ein 2-schneidiges Schwert, da eine zu Unrecht in Anspruch genommene Leistungsverweigerung unter Umständen eine Kündigung nach sich ziehen kann. Insoweit ist hier Vorsicht geboten.
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„Es kommt darauf an!“ Auch bei sexistischen Äußerungen kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an – und insbesondere auf die Schwere der Äußerungen.
Grundsätzlich ist es schwierig, sexistische Äußerungen tatsächlich rechtlich zu fassen. Denkbar wäre aber, dass eine sexistische Äußerung schon das Gewicht und die Schwere einer Belästigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beinhaltet.