Dr Gertrude Elion Wellcome
Gertrude Belle Elion war Pionierin auf ihrem Forschungsgebiet
23.01.1918:Geburt in New York
1937:Bachelor-Abschluss in Chemie am Hunter College, New York
1941:Master-Abschluss in Chemie an der New York University
ab 1944:Laborassistentin des Biochemikers George Hitchings bei dem britischen Arzneimittelunternehmen „Burroughs-Wellcome & Company“
1948:Entwicklung des Wirkstoffs Diaminopurin für die Krebstherapie
1950:Entwicklung des Wirkstoffs Tioguanin für die Krebstherapie
Entwicklung des Wirkstoffs Pyrimethamin zur Behandlung der Malaria
1951:Entwicklung des Wirkstoffs Mercaptopurin zur Behandlung der Leukämie
1956:Entwicklung des Wirkstoffs Trimethoprim zur Behandlung von bakteriellen Infektionen
1957:Entwicklung des Wirkstoffs Azathioprin, des ersten Immunsuppressivums für Organtransplantationen
1963:Entwicklung des Wirkstoffs Allopurinol zur Behandlung der Gicht
ab 1966:Leitung der Abteilung für experimentelle Therapie der Laboratorien des Arzneimittelunternehmen „Burroughs-Wellcome & Company“
1977:Entwicklung des Wirkstoffs Aciclovir zur Behandlung von Herpes-Viren
1983:Ruhestand
1983 bis 1984:Präsidentin der American Association for Cancer Research
1985:Weiterentwicklung des Wirkstoffs Zidovudin zur Behandlung von AIDS
1988:„Nobelpreises für Physiologie oder Medizin“
1989:Ehrendoktorwürde der Polytechnic University of New York
1991:Aufnahme in die „National Investors Hall of Fame“ der USA „National Medal of Science“
1997:„Lemelson MIT-Preises“ für ihr Lebenswerk
1998:Ehrendoktorwürde der Harvard University, Cambridge
21.02.1999:Tod in Chapel Hill

In der Arzneimittelforschung führt an ihrem Namen kein Weg vorbei: Gertrude Belle Elion war Pionierin auf ihrem Forschungsgebiet und entwickelte mit ihrem Kollegen George Hitchings zahlreiche Wirkstoffe, die bis heute in der Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt werden. Dass sie in den 1940er-Jahren als Frau den Einstieg in die Forschung schaffte, macht sie zudem bis heute zum Vorbild für Frauen weltweit.

Tod des Großvaters war Anlass für beruflichen Weg

Gertrude Belle Elion wurde am 23. Januar 1918 in Manhattan, New York, geboren. Ihre Eltern waren als Kinder in die Vereinigten Staaten von Amerika emigriert: Ihr Vater Robert Elion stammte ursprünglich aus Polen, ihre Mutter Bertha Elion (geborene Cohen) war in Litauen geboren worden. 

Gertrude Belle Elions Vater arbeitete als Zahnarzt in New York. Dass sie sich selbst als Erwachsene der Arzneimittelforschung widmete, ging jedoch nicht auf den medizinischen Beruf ihres Vaters zurück, sondern auf den Tod ihres Großvaters: Als Gertrude Belle Elion 15 Jahre alt war, starb dieser an Magenkrebs. Die junge Frau beschloss aufgrund dessen, in die Arzneimittelforschung zu gehen, um an einem Heilmittel für Krebs zu arbeiten. 

Einzige Frau im Chemiestudium

Nach ihrem Schulabschluss schrieb sich Gertrude Belle Elion am Hunter College in New York ein und studierte Chemie – als einzige Frau. 1937 schloss sie ihr Studium mit dem „Bachelor“ ab und versuchte, eine Anstellung als Chemikerin zu finden. Dies gelang ihr nicht; kein Forschungslabor wollte zu dieser Zeit Frauen einstellen, da sie „eine Ablenkung“ für das männliche Personal darstellen würden.

Gertrude Belle Elion setzte deshalb ihr Chemiestudium an der New York University fort. Um ihr Studium zu finanzieren, nahm sie verschiedene, stets befristete Jobs an: Sie arbeitete als Chemielehrerin an verschiedenen High Schools in New York, als Laborassistentin, als Lebensmittelanalytikerin für eine Supermarktkette und als Telefonistin in einer Arztpraxis. 1941 schloss sie ihr Studium mit dem „Master“ ab. 

Ebenfalls 1941 starb ihr Verlobter an einer Herzentzündung. Der erneute Tod eines geliebten Menschen verstärkte ihren Wunsch, in der Arzneimittelforschung zu arbeiten, um Medikamente zur Rettung kranker Menschen zu entwickeln.

Fachkräftemangel im Zweiten Weltkrieg eröffnete Chancen

Doch erst der Fachkräftemangel infolge des Zweiten Weltkriegs eröffnete der jungen Chemikerin den ersehnten beruflichen Weg in die Pharmakologie. Zunächst arbeitete sie in einem Labor des Pharmazie- und Konsumgüterherstellers „Johnson & Johnson“, 1944 wurde sie Laborassistentin des Biochemikers George Hitchings beim Arzneimittelunternehmen „Burroughs-Wellcome & Company“. 

In diesem Unternehmen fand sie endlich ihre berufliche Erfüllung: „Mein Wissensdurst kam mir in diesem Labor zugute, denn Dr. Hitchings erlaubte es mir, so schnell wie möglich zu lernen und immer mehr Verantwortung zu übernehmen, wenn ich dazu bereit war“, erinnerte sich die Pharmakologin später.

Entwicklung zahlreicher bedeutender Wirkstoffe

Gemeinsam mit George Hitchings forschte Gertrude Belle Elion an verschiedenen Wirkstoffen. Im Laufe der Jahre entwickelten beide eine Vielzahl an bedeutenden Medikamenten, die bis heute in der Medizin eingesetzt werden:

  • Diaminopurin zur Behandlung von Krebs (1948),
  • Tioguanin zur Behandlung von Krebs (1950),
  • Pyrimethamin zur Behandlung der Malaria (1950),
  • Mercaptopurin zur Behandlung der Leukämie (1951),
  • Trimethoprim zur Behandlung von bakteriellen Infektionen (1956),
  • Azathioprin für Organtransplantationen (1957), das erste Immunsuppressivum überhaupt,
  • Allopurinol zur Behandlung der Gicht (1963).

Das Bemerkenswerte an der Zusammenarbeit von Gertrude Belle Elion und George Hitchings zu der damaligen Zeit war auch, dass der Biochemiker seine Laborassistentin als gleichwertige Kollegin behandelte. Die Publikationen zu den gemeinsamen Forschungen erschienen stets unter dem Namen beider, beide waren Urheber der angemeldeten Patente.

Durchbruch in der Behandlung von Vireninfektionen

1966 wurde Gertrude Belle Elion befördert und leitete fortan die Abteilung für experimentelle Therapie der Laboratorien von „Burroughs-Wellcome & Company“. 

1977 gelang der Forscherin und ihrem Team der Durchbruch in der Behandlung von Vireninfektionen. Erste virenhemmende Medikamente waren zwar bereits im Jahrzehnt zuvor auf den Markt gekommen, jedoch waren diese nur minimal wirksam und hochgiftig. Gertrude Belle Elion war es mit der Entwicklung des Wirkstoffs Aciclovir gelungen, ein wirksames Medikament mit sehr geringer Giftigkeit gegen Herpes-Viren herzustellen. Ähnlich wie die Entwicklung des Antibiotikums Penicillin läutete die des Virenhemmers Aciclovir eine neue Ära in der Medizintherapie ein.

Unermüdliches Arbeiten auch im Ruhestand

Für Gertrude Belle Elion war ihre Arbeit nicht nur ein Beruf, sondern eine wahre Berufung: „Als wir begannen, die Ergebnisse unserer Bemühungen in Form von neuen Medikamenten zu sehen, die echte medizinische Bedürfnisse erfüllten und den Patienten auf sehr sichtbare Weise zugutekamen, war unser Gefühl der Belohnung unermesslich.“ 

Deshalb verwundert es nicht, dass die Chemikerin auch nach dem Eintritt in den Ruhestand nahezu täglich ins Labor ging und weiterhin mit ihren Kolleg*innen an verschiedenen Wirkstoffen forschte. So war sie 1985 an der Weiterentwicklung des Wirkstoffs Zidovudin beteiligt, das noch heute zur Behandlung von HIV-infizierten Menschen eingesetzt wird.

Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1988

Von 1983 bis 1984 war Gertrude Belle Elion Präsidentin der „American Association for Cancer Research“. Die wissenschaftliche Organisation besteht seit 1907, hat ihren Sitz in Philadelphia und beschäftigt sich mit allen Aspekten der Krebsforschung.

Für ihre Forschungen und insbesondere für ihre Entdeckungen zu wichtigen biochemischen Prinzipien der Arzneimitteltherapie wurden Gertrude Belle Elion und George Hitchings 1988 mit dem „Nobelpreis für Physiologie oder Medizin“ ausgezeichnet. Die Pharmakologin erhielt diesen Nobelpreis als fünfte Frau und war die erst neunte weibliche Nobelpreisträgerin überhaupt.

Weitere bedeutende Ehrungen

1989 erhielt Gertrude Belle Elion die Ehrendoktorwürde der Polytechnic University of New York, 1998 die der Harvard University in Cambridge. Geehrt wurde die Chemikerin zudem 1991 mit der „National Medal of Science“, der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung der USA.

Als erste Frau überhaupt wurde Gertrude Belle Elion 1991 in die „National Investors Hall of Fame“ der USA aufgenommen. 1997 erhielt sie für ihr Lebenswerk den „Lemelson MIT-Preis“, den seinerzeit höchstdotierten US-amerikanischen Preis für technische Innovationen des Massachusetts Institute of Technology und der Lemelson Foundation. 

Am 21. Februar 1999 ging Gertrude Belle Elion – wie jeden Tag – spazieren. Bei diesem Spaziergang brach die 91-Jährige jedoch plötzlich zusammen und starb kurz darauf im North Carolina Hospital.


Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Dr_Gertrude_Elion_Wellcome_L0034257.jpg