Innerhalb der Europäischen Union (EU) gibt es teils wesentliche Unterschiede bei der Gleichstellung. Besonders interessant wird es, wenn man die Vorreiter betrachtet. Daher stellen wir uns die Frage: Welche Gesetze zur Gleichstellung gibt es in der EU, die Deutschland als Vorbilder dienen können?

    Eigentlich könnte man annehmen, dass es in der EU keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der Gleichstellungspolitik und -gesetze geben dürfte. Schließlich schreibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hierzu: „Die uneingeschränkte und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am öffentlichen Leben – insbesondere am Erwerbsleben – ist ein wesentliches Ziel europäischer Politik.“

    Hier werden zudem sechs Schwerpunkte aufgeführt, die besonders im Fokus stehen:

    • Freiheit von Gewalt und Stereotypen;
    • Geschlechtergerechte Wirtschaft;
    • Gleichberechtigte Führungsverantwortung in der Gesellschaft;
    • Gender Mainstreaming und eine intersektionelle Perspektive in EU-Politikmaßnahmen;
    • Finanzierung von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung in der EU;
    • Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Rechte der Frau weltweit.

    Gute Vorsätze, große Ungleichheiten

    Das sind durchaus gute Vorsätze, doch bereits zum Weltfrauentag 2019 nannte die Europäische Kommission  große Ungleichheiten: Frauen bekommen weniger Lohn und Rente und sie sind in Europas Parlamenten und Regierungen unterrepräsentiert.

    Das hat sich auch 2021 kaum geändert! Gute Vorsätze allein reichen kaum aus, um alle Mitgliedsstaaten dazu zu bringen, die Gleichstellung voranzutreiben. Dies gelingt nur, wenn die Gleichstellung nicht mehr freiwillig, sondern Pflicht wird.

    Um die Vorsätze praktisch umsetzen zu können, gibt es verschiedene Gesetze zur Gleichstellung. Diese sind in den Mitgliedsstaaten der EU keinesfalls einheitlich geregelt, sondern unterscheiden sich wesentlich. Daher gibt es beim Thema Gleichstellung in der EU starke Schwankungen.

    Vorbild Schweden

    Eine Vorbildrolle haben hier die nordischen Staaten, zum Beispiel Schweden. Das könnte unter anderem an den Rechten und Gesetzen zur Gleichstellung liegen, die in Schweden gelten: 

    • Gleichstellungsrecht EO Act; seit 2009
    • The Prohibition of Discrimination Act; seit 2003, Änderungen 2005; 2009:
    • Act concerning the Equal Treatment of Students; seit 2002
    • The Act on the prohibition of discrimination and other degrading treatment of children and pupils; seit 2006

    Neben diesen konkreten Gesetzen hat Schweden zudem umfangreiche Ausbildungs-, Familien- und Genderrechte.

    Was macht den Unterschied?

    Wie sehr sich Schwedens Politik um die Gleichstellung bemüht, wird deutlich, wenn man sich eine Recherche der Gunda-Werner-Instituts der Heinrich-Böll-Stiftung aus dem Jahre 2013 anschaut. Diese führt unter anderem auf, dass es in Schweden zwei Begriffe zum Thema Gleichheit gibt, die wir nicht einfach so auf Deutsch übersetzen können:

    • „jämställdhet“: meint Gender Equality, drückt dies aber nicht, wie im Englischen, in einem zusammengesetzten Begriff aus, sondern „Gender“ ist in dem Begriff integriert
    • „kvinnofrid“: meint wörtlich übersetzt „Frauenfrieden“ und wird vor allem im Kontext von Gewalt gegen Frauen verwandt, ist aber deutlich umfassender in seiner Bedeutung, eher im Sinne eines Rechts von Frauen auf ein friedliches, friedvolles Leben

    Mit diesen Gesetzen als Grundlage müssten sich Frauen in Schweden deutlich gleichberechtigter fühlen als in anderen Staaten. Doch wie lässt sich das überprüfen?

    Der Gleichstellungsindex

    Genau hierfür ist der sogenannte Gleichstellungsindex, englisch Gender Equality Index. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) erstellt jährlich diesen Index für alle Mitgliederstaaten der EU. Die Bewertung reicht von 1 bis 100, wobei gilt: je höher die Zahl, desto besser.

    2020 erreichte Schweden einen Wert von 83,8 und belegte damit den ersten Platz. Die schlechteste Platzierung hat 2020 Griechenland mit 52,2 Punkten. Deutschland bekam 2020 lediglich einen Wert von 67,5 und liegt somit hinter Slowenien, Luxemburg, Belgien, Frankreich und weiteren Staaten.

    Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass das lediglich Statistiken und Zahlen sind. Was sagen denn die Frauen selbst?

    2020: Deutschland auf Platz 11 im Ranking

    Wenn man dem Best Countries Ranking 2020 des Nachrichtenmagazins U.S. News glauben darf, haben die rund 9.800 befragten Frauen Dänemark auf den ersten und Schweden auf den zweiten Platz gewählt. Deutschland folgt auf dem 11 Platz. Damit ist die Befragung zumindest im Jahr 2020 dicht dran an den Ergebnissen des Gleichstellungsindex.

    Wir haben Luft nach oben!

    Deutschland liegt beim Thema Gleichstellung in der Mitte. Wir haben viele gute Ansätze und theoretisch klingt vieles großartig. Doch in der Praxis hapert es noch an so einigen Stellen. Gut, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte an Ihrem Arbeitsplatz für mehr Gleichstellung sorgen. Denn nicht nur berufstätige Eltern brauchen Sie, auch beim Thema Mobbing sind Sie eine wertvolle Unterstützung für das Team.

    Damit Sie Ihre wertvolle Arbeit ausüben können, stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zu Seite. Entsprechende Impulse liefert Ihnen beispielsweise unsere Rubrik Praktische Gleichstellungsarbeit. Praktische Tipps bekommen Sie unter Organisation und Soft Skills. Zudem haben Sie die Chance, unsere Printausgabe mit umfangreichen Extras abonnieren.

    FAQ-Bereich

    Was ist der Gleichstellungsindex?

    Der Gleichstellungsindex misst den Grad der Gleichberechtigung in den EU Staaten. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) erstellt jährlich diesen Index für alle Mitgliederstaaten der EU. Die Bewertung reicht von 1 bis 100, wobei gilt: je höher die Zahl, desto besser.

    Für wen ist „Gleichstellung im Blick“?

    „Gleichstellung im Blick“ richtet sich speziell an Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragte im öffentlichen Dienst und der freien Wirtschaft in ganz Deutschland.

    Kann ich „Gleichstellung im Blick“ probelesen?

    Ja. Wir bieten allen interessierten Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragten die Möglichkeit eine Ausgabe 14 Tage lang kostenfrei zu lesen. Sie entscheiden erst dann, ob Sie einen kostenpflichtigen Bezug möchten oder nicht.