Rosalind Franklin
Rosalind Franklin – Tragische Entdeckerin

Rosalind Franklin – Wissenschaftlerin im Schatten der Männer

25. Juli 1952Geburt in London
ab Januar 1932Besuch der St.-Paul’s-Mädchenschule
Frühjahr 1938Bestehen der Zulassungsprüfung an der Universität Cambridge
1938 bis 1941Studium der Naturwissenschaften am Cambridger Frauencollege 
Newnham
1942 bis 1945Kriegsarbeit als Assistant Research Officer und Luftschutzwartin
1945Erhalt des Doktortitels in physikalischer Chemie
1947 bis 1950Forschung am Laboratoire Central des Services Chemiques de L’Etat 
in Paris
1950 bis 1953Forschung am King’s College in London
Mai 1952Entstehung der „Beugungsaufnahme Nr. 51“ der DNA
1953 bis 1958Forschung am Birkbeck College
1956Diagnose von Eierstockkrebs
16. April 1958Tod in London
2008Auszeichnung mit dem Ehren-Horwitz-Preis

Rosalind Franklin gilt als „stille Heldin“ im Bereich der DNA-Forschung. Denn ihre Forschungen waren die Grundlage für die Erkenntnisse der Wissenschaftler Francis Crick und James Watson, die erstmals die Doppelhelix-Struktur der DNA beschrieben. Beide wurden dafür 1962 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Rosalind Franklin hingegen erhielt zeitlebens keine Auszeichnung für ihre bahnbrechenden Forschungen und hatte es als Frau in einer männerdominierten Arbeitswelt schwer.

Geboren in eine gebildete Großfamilie

Am 25. Juli 1952 wurde Rosalind Franklin in London in eine angesehene jüdische Familie geboren. Ihr Vater Ellis war ein erfolgreicher Bankier, ihre Mutter Muriel hatte dank ihrer Herkunft aus einer Akademiker-Familie einen intellektuellen Hintergrund. Rosalind Franklin wuchs mit vier Geschwistern auf, einem älteren und einem jüngeren Bruder und einer jüngeren Schwester.

Die Eltern legten großen Wert auf eine gute Bildung all ihrer Kinder und verreisten viel mit ihnen, auch – für damalige Verhältnisse ungewöhnlich – ins Ausland. 

Schule mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt

Rosalind Franklin interessierte sich bereits als Kind für Naturwissenschaften und war ihrer Tante Mamie Bentwichs zufolge „erschreckend schlau“. In einem Brief schrieb sie über ihre Nichte: „Aus reinem Vergnügen verbringt sie ihre ganze Zeit mit Arithmetik, und ihre Rechnungen stimmen immer.“

Ellis und Muriel Francis wählten für ihre Tochter deshalb eine Schule mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt aus. Zunächst besuchte Rosalind Franklin ein Mädcheninternat an der Kanalküste, bevor sie ab Januar 1932 auf die St.-Paul’s-Mädchenschule wechselte. Diese legte besonderen Wert auf naturwissenschaftlichen Unterricht und darauf, die Schülerinnen auf einen Beruf vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht das Dasein als Ehefrau zum Ziel setzen. 

Studium in Cambridge, Abschluss als Beste 1941

Im Frühjahr 1938, also bereits im Alter von siebzehn Jahren, bestand Rosalind Franklin die Zulassungsprüfung an der Universität Cambridge und schloss dabei in Chemie sogar als Beste ab. Dafür wurde die junge Frau mit einem Stipendium ausgezeichnet. Das Geld daraus stellte die Familie Franklin jedoch einem deutschen Studenten zur Verfügung, der vor den Nationalsozialisten nach England geflohen war.

Ab Oktober 1938 studierte Rosalind Franklin am Frauencollege Newnham in Cambridge Naturwissenschaften. Dem Party-Leben am College trotze Rosalind Franklin, ihre Freizeit verbachte sie vielmehr mit Squash und Tennis, Rudern und Radfahren. 

Sie spezialisierte sich auf die Fachbereiche Kristallographie und physikalische Chemie und schloss ihr Studium 1941 ab – in physikalischer Chemie wiederum als Beste. Sie erhielt deshalb ein weiteres College-Stipendium und konnte dank diesem noch ein viertes Jahr in Cambridge forschen.

„Als Frau an den Rand gedrängt“

Schon zu Studienzeiten musste die junge Frau gegen die mangelnde Akzeptanz durch die Männer am Campus ankämpfen. Frauen wurden damals nicht als vollwertige Studentinnen und Universitätsangehörige anerkannt, sondern bloß als „Schülerinnen“ der Colleges Newnham und Girton betitelt und dadurch degradiert.

Auch in den Reihen der Wissenschaftler hatten es Frauen schwer, sie forschten im Schatten der Männer. Diese Situation schildert die Forscherin Natalie Matosin vom Max-Planck-Institut in München aus heutiger Sicht wie folgt: „Franklin wurde als Frau an den Rand gedrängt, von männlichen Kollegen geächtet und letztendlich von der Wissenschaftsgemeinschaft mit Nichtbeachtung gestraft.“

Einsatz für jüdische Flüchtlinge

Als jüdische Familie leisteten die Franklins Widerstand gegen die Nationalsozialisten und setzen sich für jüdische Flüchtlinge ein. Der Vater gründete mit seiner Schwester Mamie Bentwich eine Organisation, die sich darum kümmerte, jüdische Kinder in England unterzubringen. Zwei dieser Kinder nahm die Familie 1938 selbst bei sich auf.

Ihr Vater warf Rosalind Franklin vor, ihr Studium über Kriegsarbeit zu setzen, und forderte von seiner Tochter stärkeren Einsatz. Rosalind Franklin widersprach dem in einem Brief und schrieb ihrem Vater: „Ich habe bei mehreren Anlässen, entgegen dem Rat meiner Vorgesetzen, ausdrücklich betont, dass ich lieber jetzt Kriegsarbeit leisten und erst später promovieren möchte.“

Kriegsarbeit in der „Britisch Coal Utilisation Research Association“

Ihrem Wunsch, kriegswichtige Arbeit zu leisten, konnte Rosalind Franklin ab 1942 nachkommen, nämlich in der neu eingerichteten „Britisch Coal Utilisation Research Association“. Mit graduierten Physikern untersuchte Rosalind Franklin als Assistant Research Officer die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Kohle. Die Forscher sollten herausfinden, wie Kohle im Krieg effizienter genutzt werden konnte. Zusätzlich arbeitete sie als Luftschutzwartin.

Die Forschungen, die sie an der British Coal Utilisation Research Association betrieb, nahm sie in ihre Doktorarbeit auf. Ihren Doktortitel in physikalischer Chemie erhielt sie 1945.

Glückliche Jahre in Paris

1947 zog die junge Wissenschaftlerin nach Paris und arbeitete am „Laboratoire Central des Services Chemiques de L’Etat“. Die Einrichtung leitete Jacques Mering, der Rosalind Franklins Fähigkeiten und Forschungsarbeiten sehr schätzte. Sie wurde dort zur Spezialistin für Kristallstrukturanalyse und lernte von Mering, Röntgenstrahlung zur Analyse der inneren Struktur von Kohle zu nutzen. 

Auf Drängen ihrer Familie kehrte Rosalind Franklin 1950 nach London zurück, obschon sie sich in Paris und am Laboratoire Central sehr wohlgefühlt und sich auf ihrem Fachgebiet zu einer anerkannten Wissenschaftlerin hochgearbeitet hatte.

Forschung am King’s College

In London forschte Rosalind Franklin am Laboratorium des King’s Colleges, das von John Randall geleitet wurde. Er erkannte die junge Wissenschaftlerin an und wies ihr das Forschungsgebiet der experimentellen Röntgenoptik zu, auf dem sie zusammen mit ihrem Doktoranden Raymond Gosling arbeiten sollte. Den stellvertretenden Leiter des Laboratoriums, Maurice Wilkins, informierte John Randall jedoch zunächst nicht darüber. Und so nahm dieser an, Rosalind Franklin sei seine Assistentin, und nicht eine ihm gleichgestellte Kollegin.

Ihre Arbeit am King’s College begann daher holprig und wurde auch in der Folge nicht zufriedenstellend für die junge Wissenschaftlerin. Rosalind Franklin wurde als Frau von den Männern nicht als ebenbürtig akzeptiert. Mit ihrer brüsken Art eckte sie an und stieß ihre Gesprächspartner des Öfteren vor den Kopf – einer Freundin zufolge, ohne dies zu bemerken.

Bahnbrechendes „Beugungsbild Nr. 51“

Am King’s College forschte Rosalind Franklin mit ihrem Doktoranden Raymond Gosling an einer DNA-Probe und schaffte es, von dieser Probe Röntgenbilder in hoher Qualität aufzunehmen. Anhand dieser Bilder stellte sie die Theorie auf, dass die DNA die Form einer Helix hat und aus zwei, drei oder vier Spiralen bestehen müsste. 1952 gelang den beiden Wissenschaftlern das bahnbrechende Foto „Nr. 51“, das das bis dahin deutlichste Beugungsbild der DNA und ihrer Helix-Struktur darstellt.

Zwei zu diesem Zeitpunkt noch unbekannte Wissenschaftler – James Watson und Francis Crick – hatten nach einem Vortrag von Rosalind Franklin am King’s College ein DNA-Modell mit drei Spiralketten entwickelt. Beide luden Rosalind Franklin und Maurice Wilkins Ende 1952 ein und stellten ihnen ihr Modell vor. Für Rosalind Franklin war dieses Modell unzulänglich, sie verweigerte sich zudem einer Zusammenarbeit.

Watson und Crick griffen auf Forschungen von Franklin zu

Ohne Rosalind Franklins Wissen oder gar Einverständnis zeigte Maurice Wilkins im Januar 1953 James Watson und Francis Crick die Beugungsaufnahme Nr. 51. Für die beiden Nachwuchswissenschaftler war dies der optische Beweis für die Helix-Struktur der DNA. Das Foto allein reichte den beiden jedoch nicht, sie benötigten genaue Daten. 

Die notwendigen Daten entnahmen sie einem informellen und noch nicht publizierten Bericht von Rosalind Franklin. Diesen hatte sie an ein Komitee des Medical Research Council geschickt, dem der Wissenschaftler Max Perutz angehörte. Dieser leitete den Bericht an seinen Kollegen Lawrence Bragg in Cambridge weiter, dem wiederum James Watson und Francis Crick unterstanden. Vertraulich war der Bericht zwar nicht, James Watson und Francis Crick teilten aber niemandem vom King’s College mit, dass sie damit arbeiteten.

Nobelpreis ging an Watson und Crick

Die Doppelstrang-Struktur der DNA beschrieben zwar Rosalind Franklin und ihr Doktorand Raymond Gosling bereits am 6. März 1953 in der Fachzeitschrift „Acta Crystallographica“; ein genaues mathematisches und chemisch abgesichertes Modell erstellten jedoch James Watson und Francis Crick zuerst – am 7. März 1953. Dafür wurden die beiden 1962 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Den wichtigen Beitrag, die Rosalind Franklins Forschung zu ihrer Arbeit geleistet hatte, erwähnte jedoch keiner von beiden in seiner Dankesrede.

1953 ging Rosalind Franklin ans Birkbeck College und entfloh damit der für sie schlechten Arbeitsatmosphäre. Am Birkbeck College leitete sie ein Team und forschte fortan am Tabakmosaikvirus. Auf dem Gebiet der DNA durfte sie nach ihrem Wechsel nicht mehr weiterforschen, so die Bedingung des King’s Colleges.

Gestorben mit nur 37 Jahren an Eierstockkrebs

Im Herbst 1956 erhielt Rosalind Franklin die Diagnose Eierstockkrebs. Die Erkrankung war möglicherweise eine Folge ihrer Arbeit mit Röntgenstrahlen. Unermüdlich forschte Rosalind Franklin weiter, bis kurz vor ihrem Tod. Sie starb am 16. April im Alter von nur 37 Jahren in London.

Rosalind Franklin wurde zu Lebzeiten zwar als Wissenschaftlerin anerkannt, jedoch nie ausgezeichnet. Erst 2008 wurde ihr posthum der Ehren-Horwitz-Preis von der Columbia-Universität in New York verliehen.  


Bildquelle: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/rosalind-franklin-mit-entdeckerin-der-dna-bekam-keinen-nobelpreis-a-913066.html