Sonja Bastin
Sonja Bastin – Die Bremer Soziologin Sonja Bastin ist eine der „Bremerinnen des Jahres“.

Sonja Bastin – im Einsatz für gerecht verteilte und entlohnte Sorgearbeit

2004 bis 2007Studium der Soziologie, Universität Bremen
2007 bis 2010Studium der Soziologie und Sozialforschung, Universität Bremen
2009Auslandssemester an der Monash University Melbourne
2010 bis 2014Promotion am Max-Planck-Institut, Universität Rostock
2015 bis 2016Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Arbeit und Wirtschaft, 
Universität Bremen
2016„Allianz Nachwuchspreis für Demografie“
seit 2016ERASMUS-Beauftragte des Instituts für Soziologie, 
Universität Bremen
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungszentrum SOCIUM,
Universität Bremen
2021„Bremer Frau des Jahres“

Ungleichheit und Sozialpolitik sind die Themen von Sonja Bastin. An der Universität Bremen forscht sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu sozialer Ungleichheit und Familien und beschäftigte sich in den vergangenen Jahren schwerpunktmäßig mit Sorgearbeit. Für ihren beruflichen und ehrenamtlichen Einsatz für Sorgearbeitende in der Pandemie wurde die Soziologin sogar als „Bremer Frau des Jahres“ ausgezeichnet.

Aufgewachsen in Stade, zum Studium nach Bremen

Aufgewachsen ist Sonja Bastin in der niedersächsischen Kreisstadt Stade in einer Arbeiterfamilie mit mehreren Kindern. Sie kümmerte sich mit um ihre jüngeren Geschwister, daher ist sie mit Care-Arbeit nicht erst vertraut, seit sie selbst Mutter von inzwischen drei Kindern ist. 

Nach dem Abitur zog sie 2004 zum Studieren nach Bremen – ein Novum in ihrer Familie. „Mich hat einfach schon immer interessiert, wie Familien durch gesellschaftliche Strukturen geformt werden“, schildert Sonja Bastin die Beweggründe für ihr Soziologiestudium.

Promotion am Max-Planck-Institut

2007 schloss sie ihr Studium mit dem Titel „Bachelor of Arts“ ab und begann nahtlos den Master-Studiengang Soziologie und Sozialforschung an der Universität Bremen. 2009 ging sie für ein Semester an die Monash University in Melbourne und erhielt dort für ihre Studienleistung die Auszeichnung „Dean’s Recognition Award for Outstanding Academic Results“.

Ihren Master-Abschluss machte Sonja Bastin 2010. Direkt im Anschluss arbeitete sie als Doktorandin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung an der Universität Rostock. Ihre Doktorarbeit schrieb sie zu Thema „Partnerschaftsverläufe alleinerziehender Mütter“, 2014 schloss sie ihre Promotion ab. Für ihre Dissertation wurde ihr 2016 der „Allianz Nachwuchspreis für Demographie“ von der Deutschen Gesellschaft für Demographie e. V. verliehen.

Rückkehr in die Wahlheimat Bremen

Nach ihrer Promotion kehrte Sonja Bastin zurück nach Bremen, bis heute ist die Stadt ihre Wahlheimat. „Wenn man einmal in Bremen war, kommt man gerne zurück“, erzählt sie. „Bremen hat ein großes Potenzial, schnell ein Heimatgefühl auszulösen.“

2015 begann die Soziologin ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen, zunächst am Institut Arbeit und Wirtschaft. Seit 2016 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am „SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik“ an der Universität Bremen und forscht in der Arbeitsgruppe „Lebensqualität, Familie und Arbeit“.

„Sorgesystem ist ungerecht und instabil“

Während der Corona-Pandemie rückte professionelle Sorgearbeit in Pflegeberufen in den gesellschaftlichen Fokus. Sonja Bastin wurde dabei eine der Stimmen, die sich für die Anerkennung und gerechte Entlohnung von Care-Arbeit einsetzten, und zwar sowohl für die berufliche Sorgearbeit in Krankenhäusern und Pflegeheimen als auch für die private Sorgearbeit in Familien.

Missstände habe es auch schon vor der Corona-Krise gegeben, sie seien aber während dieser deutlich geworden. „Die Pandemie hat verdeutlicht, dass unser Sorgesystem nicht nur ungerecht, sondern auch instabil ist“, betont die Soziologin. 

Frauen leisten Großteil der privaten Sorgearbeit

„Allen wurde da plötzlich und bislang leider eher folgenlos klar, wie abhängig wir von diesen Menschen sind“, beschreibt Sonja Bastin, betont aber auch: „Interessanterweise ist das Gleiche dann nicht mit dem Bereich der privaten Sorgearbeit passiert.“ Private Arbeit werde nicht als Arbeit anerkannt, stellt die Soziologin fest. „Das, obwohl sie ja höchst systemrelevant ist. Man müsste eher sagen systemkritisch, weil sie Grundbedürfnisse bedient und eben keinen Tag ausgesetzt bleiben kann.“

Vor allem Frauen würden einen Großteil der privaten Sorgearbeit leisten. Sie seien es, die während der Pandemie die Kindergarten- und Schulschließungen hätten auffangen müssen. Für Sonja Bastin ist daher absehbar, „dass die Mütterdiskriminierung zunehmen wird“. Sprich: „Alle haben gelernt, dass Eltern unzuverlässige Arbeitnehmer*innen sind und es wird vor allem auf Mütter zurückfallen.“ Denn Mütter hätten in der Pandemie ihren Beruf mehr als Väter vernachlässigt. „Das wird langfristige Auswirkungen auf die ökonomische Handlungsfähigkeit von Frauen haben“, ist sich die Bremer Soziologin sicher.

„Equal Care Manifest“ mit 18 Forderungen

Deshalb beteiligte sich Sonja Bastin an der Erarbeitung des „Equal Care Manifests“, das 2020 von der Initiative „Equal Care Day“ veröffentlicht wurde. 18 Forderungen listet das Manifest auf, darunter: Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden, finanzielle Umbewertungen, Erweiterung der Partnermonate der Elternzeit, Einführung von Vaterschutzzeiten nach der Geburt eines Kindes, zusätzliche Leistungen für gemeinnützige Arbeiten. 

„Keiner sollte auf einen erwachsenen Arbeitnehmer zugreifen dürfen, ohne dafür Kompensationen zu zahlen“, meint Sonja Bastin. „Aktuell werden Kinder als Privatsache betrachtet. Es gibt zwar Erzieher, tatsächlich leisten aber die Eltern und insbesondere Frauen sehr viel.“

„Bremer Frau des Jahres 2021“

Neben dem „Equal Care Manifest“ gestaltete Sonja Bastin im Sommer 2021 das Bremer Projekt „carat – caring all together“ mit. Das Projekt läuft noch bis Ende 2024 und verfolgt das Ziel, Akteur*innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft auf verschiedenen Veranstaltungen zusammenzubringen.

Der Landesfrauenrat Bremen hat Sonja Bastin 2021 zur „Bremer Frau des Jahres“ gekürt. „Frau Dr. Bastin hat beruflich und ehrenamtlich während der Corona-Pandemie auf die Care-Krise und die Situation privat Sorgearbeitender in Veranstaltungen und Gesprächen mit Politiker*innen erfolgreich aufmerksam gemacht“, heißt es in der Begründung des Landesfrauenrats, der bereits seit 1999 jährlich Frauen auszeichnet. 2021 stand die Wahl unter dem Motto „#CoronaHeldinnen“.


Bildquelle: https://www.facebook.com/BremenVier/photos/a.441307511366/10158018387981367/?type=3