Stevie Schmiedel
Stevie Schmiedel – Die Stimme gegen medialen Sexismus
1971Geboren in Hamburg
2012Gründung von „Pinkstinks“
2012Erscheinen ihres Buches „Gott ist kein Mann“
2013Auszeichnung als „Zitronenjette“, Preis der Stadt Hamburg
2014Erscheinen ihres Buches „Pink stinkt!“
2015Erscheinen ihres Buches „Pink für alle“
2017Preis der bayerischen SPD für herausragendes Engagement für Frauen in Politik und Gesellschaft
Preis der Stadt Leipzig für besondere Leistungen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern
2018„Smart Hero Award“ für das Musikvideo „Not Heidi’s Girl“
2021„Smart Hero Award“ für soziales Engagement in Social Media
2022„German Design Award“ für die audiovisuelle Kampagne „Fighterrella“
2023Erscheinen ihres Buches „Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne“

Mit „Pinkstinks“ gründete Stevie Schmiedel 2012 einen Verein, der schnell zur reichweitenstärksten Organisation gegen Sexismus in Deutschland wurde. Unermüdlich prangerte die Genderforscherin sexistische Werbung an und gestaltete Kampagnen zum Thema Sexismus. Mit Erfolg, denn inzwischen hat sich die Zahl derartiger Werbung drastisch reduziert.

Kindheit und Jugend in Hamburg, Studium in London

Geboren wurde die Deutsch-Britin Stevie Meriel Schmiedel 1971 in Hamburg. Sie wuchs konservativ auf, wie sie selbst sagt, und „war hungrig nach alternativen Erklärungen für meine Welt, in der Männer Politik und Frauen sich für sie schön machten“. Schon als Kind habe sie deshalb von einem Frauenmagazin geträumt, das Frauen ermächtigt und nicht erniedrigt.

Nach dem Abitur ging die junge Hamburgerin nach London und studierte an der dortigen Universität Sozialanthropologie und Kommunikationswissenschaften. Sie fokussierte sich vor allem auf Genderthemen und erhielt von ihren Kommiliton*innen den Beinamen „german feminist“. „Dabei hatte ich mit Feminismus erst gar nichts am Hut“, erinnert sich Stevie Schmiedel an diese Zeit zurück. „Ich riss nur zu allem den Mund auf.“

Nach verschiedenen Medienjobs promovierte Stevie Schmiedel an der Universität Nottingham und widmete sich in ihrer Doktorarbeit der feministischen Medienkritik. Einige Jahre unterrichtete sie in der Genderforschung, doch wirklich zufrieden stellte sie ihre Lehrtätigkeit nicht: „In den elitären Räumen der Hochschulen und ihrer Sprache fühlte ich mich begrenzt.“

Rückkehr nach Hamburg, Gründung von „Pinkstinks“

Die Genderforscherin kehrte nach Hamburg zurück und erstellte im Sommer 2012 eine Facebookseite mit dem Namen „Pinkstinks“ und einen dazugehörigen Blog. Im Oktober des gleichen Jahres wurde „Pinkstinks“ ein Verein, bekam erste Fördergelder und einen Angestellten.

Zwar erhielt der Verein viel Zuspruch, doch Stevie Schmiedel musste als dessen Vorstandsvorsitzende auch viel Kritik einstecken. Schon der Name „Pinkstinks“ wurde angegriffen, weil die Farbe im Namen viele an den „Rosa Winkel“ erinnerte, den die Häftlinge in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten tragen mussten. „Ich hatte den Namen aus England übernommen, wo ich zuvor gelebt hatte. Ich bin einfach nicht darauf gekommen, dass er in Deutschland diese Konnotation hat“, rechtfertigt sich Stevie Schmiedel.

Kritik und Erfolge 

Auch inhaltlich eckte der Verein an, und zwar nicht nur bei denjenigen, die „Pinkstinks“ kritisierte. Übel genommen wurde der Genderforscherin und ihren Mitarbeiter*innen zum Beispiel die Kritik an hellblauen und rosa Kindersachen. „Weil es Menschen gibt, die sich nur Kleidung vom Discounter leisten können. Und da gibt es nichts anderes. Die würde ich dann beschämen“, erklärt Stevie Schmiedel den Widerstand, der ihr von linken Feminist*innen entgegenschlug. 

Doch mit „Pinkstinks“ erzielten Stevie Schmiedel und ihre Mitarbeiter*innen auch etliche Erfolge. So nahm der Werberat ihr Anliegen in Bezug auf sexistische Werbung ernst, und die Kritik an der Serie „Germany’s Next Topmodel“ löste einen Protest gegen das Format und das darin proklamierte Frauenbild aus. „Heute fahre ich durch die Straßen in Hamburg und sehe eine Unterwäsche-Kampagne mit total normalgewichtigen Frauen“, freut sich Stevie Schmiedel. „Wir sind wirklich schon ein großes Stück weiter, auch in Werbefilmen und Kinderbüchern.“

Arbeit als Referentin und Autorin

Geholfen hat Stevie Schmiedel bei ihrer Arbeit nicht nur ihre Schlagfertigkeit, sondern in gewisser Weise auch ihre Attraktivität. „Sie sehen ja gar nicht aus wie eine Feministin“, wurde ihr oft entgegengehalten. Stevie Schmiedel wusste das zu nutzen, zieht noch heute zu Vorträgen ein schickes Kleid an und schminkt sich. So tritt sie denjenigen, die sie von einer rollenklischeefreien Welt überzeugen möchte, optisch nicht als Feindbild gegenüber – und die Leute hören ihr zu.

Neben ihrer Arbeit bei „Pinkstinks“ hat die Genderforscherin auch einige Bücher geschrieben: 2012 veröffentlichte sie unter dem Titel „Gott ist kein Mann“ Texte zur theologischen Geschlechterforschung. 2014 erschien „Pink stinkt! Es wird Zeit für neue Mädchenbilder“, ein Jahr später „Pink für alle! Der neue feministische Protest gegen Sexismus in Werbung und Spielzeug“. 2021 gab die Autorin das Arbeitsheft „Schule gegen Sexismus“ sowie die Broschüre „Beton ohne Brüste: Tipps für eine diskriminierungsfreie Kommunikation in Industrie, Handel und Handwerk“ heraus.

Zahlreiche Preise für Stevie Schmiedel und „Pinkstinks“

Für ihr Engagement wurde Stevie Schmiedel mehrfach ausgezeichnet. So wurde sie 2013 zur „Zitronenjette“ gekürt. Mit diesem Preis, der nach einem Hamburger Original benannt ist, zeichneten die Stadt Hamburg, der Landesfrauenrat und die Hamburg Messe Stevie Schmiedels Einsatz für Frauen und Gesellschaft aus. 2017 nahm sie für „Pinkstink“ den Preis der bayerischen SPD „für herausragendes Engagement für Frauen in Politik und Gesellschaft“ sowie den Preis der Stadt Leipzig „für besondere Leistungen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern“ entgegen.

2018 erhielt „Pinkstinks“ unter der Kreativleitung von Stevie Schmiedel den „Smart Hero Award“ von Facebook und der Stiftung Digitale Chancen für das Musikvideo „Not Heidi’s Girl“. 2021 gewann der Verein bei dem von der Stiftung Digitale Chancen und Meta vergebenen „Smart Hero Award“ den ersten Preis in der Kategorie „Gender Equality“ für das Projekt „Schule gegen Sexismus“. 2022 wurde „Pinkstinks“ mit dem „German Design Award“ für die audiovisuelle Kampagne „Fighterella“ ausgezeichnet.

Privatleben unter Verschluss

Über Stevie Schmiedels Privatleben ist nicht viel bekannt. Sie lebt mit ihrem Mann und den beiden Töchtern in Hamburg, mehr gibt die Genderforscherin nicht preis. Aus gutem Grund, denn sie steht auf der „Judas Watch List“, einer antisemitischen Hetzseite mit Steckbriefen und Fotos von Personen, die den Erstellenden zufolge „Verräter an der weißen Rasse“ seien. „In unseren Briefkasten wurde schon mal ‚Fotze‘ eingeritzt, ich hatte Personenschutz“, erzählt Stevie Schmiedel.

Auch wegen des hohen Arbeitspensums gab Stevie Schmiedel den Vorstandsvorsitz im August 2020 ab, Mitte April 2022 auch die Kreativleitung. Nach wie vor hält Stevie Schmiedel Vorträge und arbeitet als Autorin. Ihr neuestes Buch mit dem Titel „Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne – Warum uns ein bisschen Genderwahn guttut“ ist im April dieses Jahres erschienen.


Bildquelle: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/rosalind-franklin-mit-entdeckerin-der-dna-bekam-keinen-nobelpreis-a-913066.html