Immer wieder berichten mir Kolleginnen von Ihnen, dass sie im Rahmen der Kündigung von Arbeitsverhältnissen nicht beteiligt werden. Dabei sehen die Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder Ihre Beteiligung als Gleichstellungsbeauftragte in allen personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten vor. Wie Ihre Beteiligung bei Kündigungen aussieht, lesen Sie in diesem Beitrag.
Vor einer verhaltensbedingten Kündigung: Sie sind bereits bei Abmahnungen im Boot
In der Praxis wird häufig übersehen, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte bereits bei Abmahnungen, also im Vorfeld von verhaltensbedingten Kündigungen, ordnungsgemäß einzubeziehen sind. Die Abmahnung muss ja regelmäßig einer verhaltensbedingten Kündigung vorausgehen. Das missbilligte Verhalten muss abgemahnt worden sein, nur dann hat die verhaltensbedingte Kündigung überhaupt die Chance, rechtswirksam zu werden. Die Abmahnung ist sozusagen die „Gelbe Karte“ bei Fehlverhalten.
Auch bei der Abmahnung sind Sie also einzubeziehen. Sie selbst entscheiden dann, ob der abgemahnte Vorgang gleichstellungsrelevant ist, und nicht etwa Ihre Dienststellenleitung.
Wann der richtige Zeitpunkt für Ihre Beteiligung bei Kündigungen ist
Beabsichtigt Ihre Dienststellenleitung, einer oder einem Beschäftigten zu kündigen, sind Sie bereits im Planungsstadium einzubeziehen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass Ihnen der gesamte Vorgang noch vor dem Personalrat vorzulegen ist und Sie zu der beabsichtigten Kündigung anzuhören sind. Dies gilt für die verhaltensbedingte, personenbedingte und auch betriebsbedingte Kündigung, selbst für die sogenannte Änderungskündigung. Auch hier entscheiden wiederum Sie, ob die Angelegenheit überhaupt eine Gleichstellungsrelevanz hat oder nicht.
Beispiel: Kündigung wegen Unpünktlichkeit
Einer Beschäftigten soll aufgrund von Unpünktlichkeit gekündigt werden. Sie hat den Dienst wiederholt später begonnen als vertraglich vereinbart, da sie ihre Kinder zuerst in die Kita bringen muss. Im Rahmen der Abmahnung haben Sie als Gleichstellungsbeauftragte bereits darauf hingewiesen, dass die Unpünktlichkeit lediglich auf der Tatsache beruht, dass die Kinder nicht früher in die Kita gebracht werden können. Dies hat allerdings die Sichtweise Ihrer Dienststellenleitung nicht beeinflusst. Da die Beschäftigte das Verhalten nicht ändern konnte, soll ihr nunmehr gekündigt werden. Was ist zu tun?
Sie haben, wenn Ihnen die Kündigungsabsicht zur Beteiligung vorgelegt wird, die Möglichkeit, nochmals darauf hinzuweisen, dass aus Ihrer Sicht bereits die Abmahnung nicht rechtswirksam war, da die Beschäftigte ihr Verhalten nicht ändern konnte. Insoweit hat die Dienststellenleitung auf die familiären Verpflichtungen der Arbeitnehmerin Rücksicht zu nehmen.
Sollte dieses Votum in der Angelegenheit nicht weiterhelfen, haben Sie auch hier die Möglichkeit, von Ihrem Einspruchs-, Widerspruchs- oder Beanstandungsrecht Gebrauch zu machen. Wie ein Einspruch nach Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) aussehen kann, lesen Sie in dem folgenden Muster-Schreiben:
Muster-Schreiben (Bundesbehörde):
Einspruch gegen die beabsichtigte Kündigung
Die Gleichstellungsbeauftragte
im Hause
An die Dienststellenleitung
im Hause
Ort, Datum …
Einspruch gemäß § 33 BGleiG
Beabsichtigte Kündigung von Frau M.
Sehr geehrte Dienststellenleitung,
ich beziehe mich auf Ihre Vorlage vom … zur Kündigung von Frau M. und lege hiermit gegen die Absicht, Frau M. zu kündigen,
Einspruch
ein.
Bereits in meinem Votum vom … habe ich darauf hingewiesen, dass die Beschäftigte aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen nicht in der Lage ist, pünktlich um 8 Uhr zum Dienst zu erscheinen. Sie als Arbeitgeber*in haben gemäß §§ 15 ff. BGleiG die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Erwerbstätigkeit zu fördern und durch entsprechende Arbeitsbedingungen zu erleichtern.
Da die Beschäftigte tatsächlich nicht die Möglichkeit hat, pünktlich zum Dienst zu erscheinen, da sie ihre Kinder vor der Arbeit in die Kita bringen muss, und betriebliche Gründe einer Verschiebung der Arbeitszeit nicht entgegenstehen, sehe ich in der Kündigungsabsicht einen Verstoß gegen § 15 BGleiG. Weiter weise ich auf Art. 6 Grundgesetz hin, der gleichermaßen den Schutz von Familie garantiert und den Sie als Arbeitgeber*in auch zu beachten haben.
Ich bitte Sie daher, von Ihrer Kündigungsabsicht Abstand zu nehmen und den Arbeitsbeginn mit der Beschäftigten flexibel und familienfreundlich zu regeln. Auf die Fristen zur Entscheidung über diesen Einspruch und dessen aufschiebende Wirkung weise ich hin.
Mit freundlichen Grüßen
Die Gleichstellungsbeauftragte
MS0023_Einspruch_Kuendigung
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In der Praxis wird häufig übersehen, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte bereits bei Abmahnungen, also im Vorfeld von verhaltensbedingten Kündigungen, ordnungsgemäß einzubeziehen sind.
Auch bei der Abmahnung sind Sie also einzubeziehen. Sie selbst entscheiden dann, ob der abgemahnte Vorgang gleichstellungsrelevant ist, und nicht etwa Ihre Dienststellenleitung.
Beabsichtigt Ihre Dienststellenleitung, einer oder einem Beschäftigten zu kündigen, sind Sie bereits im Planungsstadium einzubeziehen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass Ihnen der gesamte Vorgang noch vor dem Personalrat vorzulegen ist und Sie zu der beabsichtigten Kündigung anzuhören sind. Dies gilt für die verhaltensbedingte, personenbedingte und auch betriebsbedingte Kündigung, selbst für die sogenannte Änderungskündigung. Auch hier entscheiden wiederum Sie, ob die Angelegenheit überhaupt eine Gleichstellungsrelevanz hat oder nicht.