Der Monat März ist aus Frauensicht besonders wichtig, denn am 8. März ist der Internationale Frauentag. Dieser Tag bietet Ihnen zum einen die Möglichkeit, darauf aufmerksam zu machen, was Sie als Gleichstellungsbeauftragte in Ihrer Dienststelle zusammen mit anderen alles erreicht haben und was noch erreicht werden soll. Zum anderen können Sie diesen Tag auch nutzen, um auf Themen aufmerksam zu machen, die unabhängig von Ihrer Dienststelle einer generellen Gleichberechtigung im Wege stehen. So sind unter den Arbeitnehmerinnen vor allem Mütter diejenigen, die am meisten Benachteiligungen erfahren. Für sie steht und fällt ein Arbeitsverhältnis mit einer geregelten Betreuung der Kinder, da es immer noch am häufigsten Mütter sind, die einen Ausfall der Betreuung kompensieren.
Das sind doch nur Elternthemen…
Sollten Sie keine oder ältere Kinder haben, mag Sie die derzeitige Betreuungssituation vielleicht nicht sonderlich beschäftigen. Aber: Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die Situation in den Kinderkliniken kritisch, denn es gab kaum noch freie Kapazitäten. Die Kinderarztpraxen waren maßlos überfüllt und die Betreuung in Kindergarten und Schule war teilweise nicht mehr gewährleistet, sodass eine Betreuung zu Hause stattfinden musste – mitunter kurz nach spontaner Ankündigung seitens der Leitungen am frühen Morgen. Fast flächendeckend gab es aufgrund von Krankheit enorme Probleme, da das sowieso schon knappe Personal durch einen hohen Krankenstand weiter ausgedünnt wurde. Nicht nur in dieser Situation bedeutet es für Eltern eine enorme Mehrbelastung, neben der Arbeit spontan eine Betreuung zu organisieren.
Kinderwunsch ist privat, Kinderbetreuung politisch
Nicht selten bekommen Eltern, vor allem Mütter, die über die Betreuungssituation klagen, dieses „Argument“ zu hören: „Aber ihr wolltet doch Kinder haben!“ Dabei haben Mütter ohnehin schon durch ihr Muttersein häufiger als Väter und kinderlose Frauen im gleichen Alter mit Karrierenachteilen zu kämpfen: Verdienstausfall, Teilzeitfalle, Mental Load. Sicherlich sind manche dieser Themen im Privaten zu verhandeln. Einen geeigneten Betreuungsplatz zu finden und eine zufriedenstellende, planungssichere Betreuungssituation zu haben, ist hingegen keine Privatsache, sondern ein Anspruch, den die Politik derzeit nicht erfüllt.
Auf beiden Seiten sind vor allem Frauen die Benachteiligten
Die Auswirkungen dieser Missstände haben allerdings wieder die Eltern zu tragen. So mahnt auch die Diskriminierungsstelle des Bundes an, dass Diskriminierungen von Eltern und Pflegenden weit verbreitet sind. Beispielsweise erleben viele Eltern (Mütter 69 %, Väter 48 %) bei der Abstimmung der Arbeitszeit auf Kita-Schließzeiten und Schulferien nach eigenen Angaben zu wenig Entgegenkommen seitens der Arbeitgeber*innen (Studie Diskriminierungsstelle des Bundes: https://t1p.de/wz71n).
Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die Beschäftigten in Kitas und Grundschulen überwiegend Frauen sind, die ebenso mit einem sich zuspitzenden Personalmangel und politischen Fehlentscheidungen zu kämpfen haben. So kommt die Bertelsmann Studie zu dem Schluss, dass das Kita-System kurz vor dem Kollaps steht (Bertelsmann-Studie vom 22.10.2022: https://t1p.de/luawj).
Daher sollte bei der Diskussion um genügend Betreuungsplätze immer auch im Fokus stehen, dass dies eine Branche ist, die hauptsächlich von Frauen getragen wird, die unter zunehmend schlechteren Bedingungen arbeiten und zu leiden haben.
Gute Betreuung auch für Arbeitgeber*innen von Vorteil
Der eklatante Fachkräftemangel insbesondere auch im öffentlichen Dienst sollte Grund genug sein, die Notwendigkeit einer gelingenden Betreuung zu erkennen und dem speziellen Bedarf von Müttern zu entsprechen. Denn in Teilzeit bereits in der Dienststelle tätige Mütter könnten, sofern sie dies denn möchten, unkompliziert Stunden aufstocken. Arbeitgeber*innen sollten auch im Blick haben, dass die derzeitige junge Generation noch mal ganz andere Anforderungen an die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellen wird und als zukünftige Mütter und Väter sehr genau beobachtet, wie Arbeitgeber*innen Vereinbarkeitsproblematiken angehen.
Solidarität nutzen, um den Diskurs zu lenken
Die angespannte Betreuungssituation ist auch den Personalverantwortlichen bewusst und kann dazu führen, dass die (unbewussten) Vorurteile gegenüber Müttern zunehmen. Wir sollten daher den Fokus auf das Problem lenken und nicht auf diejenigen, die mit den Auswirkungen zu kämpfen haben.
Meine Empfehlung:
Bringen Sie die Kinder mit zur Arbeit – wenn auch nur symbolisch
Die Notwendigkeit einer funktionierenden Betreuung würde sicher sehr gut veranschaulicht werden, wenn am 8. März plötzlich alle ihre Kinder mit zur Arbeit bringen würden – vor allem auch die Väter. Allerdings ist dies, wie Sie sicher wissen, rechtlich nicht umsetzbar. Was Sie aber machen können, ist, kleine Wimpel oder auch Anstecker zu verteilen mit dem Schriftzug: „Ich bin/war auf eine funktionierende Betreuung angewiesen.“ So zeigen Sie symbolisch auf, welche Arbeitnehmer*innen, insbesondere auch Führungskräfte, auf eine Betreuung ihrer Kinder angewiesen sind oder in der Vergangenheit auf eine Betreuung angewiesen waren, um beruflich tätig zu sein.
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Nicht selten bekommen Eltern, vor allem Mütter, die über die Betreuungssituation klagen, dieses „Argument“ zu hören: „Aber ihr wolltet doch Kinder haben!“ Dabei haben Mütter ohnehin schon durch ihr Muttersein häufiger als Väter und kinderlose Frauen im gleichen Alter mit Karrierenachteilen zu kämpfen. Einen geeigneten Betreuungsplatz zu finden und eine zufriedenstellende, planungssichere Betreuungssituation zu haben, ist keine Privatsache, sondern ein Anspruch, den die Politik derzeit nicht erfüllt.
Der Fachkräftemangel sollte Grund genug sein, die Notwendigkeit einer gelingenden Betreuung zu erkennen und dem speziellen Bedarf von Müttern zu entsprechen. Denn in Teilzeit bereits in der Dienststelle tätige Mütter könnten, sofern sie dies denn möchten, unkompliziert Stunden aufstocken. Arbeitgeber*innen sollten auch im Blick haben, dass die derzeitige junge Generation noch mal ganz andere Anforderungen an die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellen wird und als zukünftige Mütter und Väter sehr genau beobachtet, wie Arbeitgeber*innen Vereinbarkeitsproblematiken angehen.