In Diskussionen um die Gleichstellung von Frauen fällt häufig der Begriff Patriarchat. Feministinnen und Gleichstellungsaktivist*innen machen in diesem Kontext immer wieder auf die allumfassende Herrschaft des Patriarchats aufmerksam und wie dieses Konstrukt geschlechterdiskriminierende Strukturen aufrechterhält. Was es mit diesem Begriff auf sich hat, woher er stammt und wo sich das Patriarchat bis heute bemerkbar macht, erfahren Sie in diesem Artikel.

    Eine Begriffsdefinition

    Die Entstehung des Begriffs „Patriarchat“ lässt sich bis ins Altgriechische zurückverfolgen. Wörtlich genommen bedeutet er so viel wie Vaterherrschaft. In verschiedenen Gesellschaftstheorien bezeichnet das Patriarchat ein System sozialer Beziehungen, das maßgeblich von Männern geprägt und kontrolliert wird.

    Besonders populär wurde dieser Begriff mit der 2. Welle der Frauenbewegung in den 1950er- und 1960er-Jahren. Hier wurde das Patriarchat vor allem zu einem Synonym für eine männliche Herrschaft. Es symbolisiert hierarchische Geschlechterstrukturen, Ausbeutung sowie direkte und indirekte Gewalt an Frauen. Aber worin manifestieren sich diese drastischen Auswirkungen des Patriarchats?

    Moderne Staatlichkeit und Patriarchat gehen Hand in Hand

    Grundlage einer jeden Demokratietheorie ist der Staatsbürgerstatus. Dieser Begriff beschreibt die Inklusion einer Person in einen Staatsverband. Mit dieser Inklusion erhält die entsprechende Person sowohl Rechte als auch die Möglichkeit, Ansprüche zu erheben. In europäischen Demokratien haben diesen Staatsbürgerstatus maßgeblich Vertragstheoretiker wie Immanuel Kant, Jean-Jacques Rousseau oder Thomas Hobbes geprägt.

    In dieser Zeit, in der auch die moderne Staatlichkeit entstand, liegt jedoch auch die Entstehung des modernen Patriarchats versteckt. So machte Carole Pateman mit ihrem Buch „Der Geschlechtervertrag“ schon in den 1980ern darauf aufmerksam, wie die Vertragstheoretiker Frauen den Zutritt zum öffentlichen Leben verwehrten.

    Individuelle Rechte gelten nicht für Frauen

    Auf der einen Seite wurden zwar immer wieder die individuellen Rechte und die Gleichheit aller Individuen betont, auf der anderen Seite wurden Frauen jedoch daran gehindert, am gesellschaftlich-öffentlichen Leben teilzunehmen. Um diesen Widerspruch aufzulösen, bezogen sich die Vertragstheoretiker auf die Eheschließung.

    Somit trat das Recht des Mannes über die Frau in Kraft.. Statt dieses ursprüngliche patriarchale Recht kritisch aufzuarbeiten, wurde es von den Vertragstheoretikern in ihre Lehre mit eingeschlossen. Frauen waren also weder frei geboren, noch waren sie jemals im Besitz natürlicher Freiheiten.

    Das alles liegt nun schon Hunderte Jahre zurück und in der Zwischenzeit hat sich dank der Geschlechterforschung und des feministischen Aktivismus einiges verbessert. Und dennoch finden wir immer noch patriarchale Strukturen in unserer heutigen Gesellschaft.

    Patriarchale Strukturen heute

    Heute hat es den Anschein, viele Menschen lebten schon in einer „Postgender-Welt“, in der es keine strukturelle Diskriminierung von Frauen mehr gäbe. Das ist ein Irrglaube! Mag das Patriarchat in der heutigen Zeit auch nicht mehr so deutlich erkennbar sein, wie dies vielleicht noch vor 50 Jahren der Fall war, so reicht dennoch ein kurzer Blick in die Politik, in Unternehmensvorstände oder auf den Arbeitsmarkt, um zu erkennen, dass patriarchale Strukturen bis heute wirken.

    Ein erstes Indiz dafür gibt die sogenannte gläserne Decke. Trotz der Einführung der Frauenquote übersteigt der Frauenanteil in Führungsetagen von Unternehmen selten einen Wert von 30 %. In der Politik zeichnet sich ein ähnliches Bild. Im aktuellen Bundestag beträgt der Frauenanteil gerade einmal 31 %.

    Als Grund für diese gläserne Decke führen Frauen selbst häufig an, dass sie sich ab einem gewissen Zeitpunkt entweder für Familie oder Karriere entscheiden müssten. Dass Frauen bis heute mit dieser Entscheidung konfrontiert sind, während es Männern offenbar anders ergeht, macht das Wirken patriarchaler Strukturen deutlich und zeigt, wie weit wir noch von wirklicher Gleichstellung entfernt sind.

    Ein Blick auf den Arbeitsmarkt wird dies verdeutlichen. Bis heute ist der Großteil der geringfügig Beschäftigten weiblich. Jede 2. Frau arbeitet heute in Teilzeit. Besonders deutlich wird dies in Paarhaushalten. In Haushalten mit Kindern arbeiten fast alle Männer in Vollzeit, während Frauen häufig Teilzeitjobs haben.

    Auch zeigt sich, dass bis heute Frauen die Hauptlast in der unbezahlten Sorgearbeit tragen, selbst wenn sie (auch in Vollzeit) erwerbstätig sind. Dies gilt auch für Paarhaushalte mit Kindern: Hier gestaltet sich die Arbeitsteilung nach wie vor sehr traditionell. Das heißt, Frauen übernehmen den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit.

    Wir dürfen auch nicht vergessen, dass nach wie vor in Deutschland ein Gender Pay Gap von 21 % existiert. Dieser liegt damit sogar über dem europäischen Durchschnitt. (Quelle: file:///C:/Users/ MAXIMI~1/AppData/Local/Temp/p_wsi_report_56_2020.pdf)

    Patriarchale Strukturen auf der individuellen Ebene

    Patriarchale Strukturen werden jedoch nicht nur auf dem Arbeitsmarkt und in der Unterrepräsentation von Frauen in der Politik und in Führungsetagen sichtbar. Auch auf individueller Ebene haben patriarchale Strukturen mitunter dramatische Folgen für Frauen. Wie zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen im November letzten Jahres bekannt wurde, tötet jeden 3. Tag ein Mann seine (Ex-)Partnerin. Diese Taten sind Folge einer patriarchalen Weltvorstellung, in der Frauen Männern unterstehen und ihnen gehorchen zu haben.

    Fazit: Treten Sie für Frauengleichstellung ein

    Das Patriarchat ist also kein Konstrukt, das der Vergangenheit angehört. Auch wenn sich in den letzten 40 Jahren vieles verbessert hat, existiert die strukturelle Unterdrückung von Frauen bis heute. Gleichstellungsbeauftragte wie Sie, Feministinnen und Gleichstellungsaktivist*innen konnten die Verbesserungen der letzten Jahre nur durch ihr unermüdliches Wirken erreichen.

    Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich auch heute noch für die Gleichstellung von Frauen einzusetzen. Es ist eine anstrengende Arbeit. Denn es treten überall Widerstände auf, sowohl bei der Formulierung von Kritik an strukturellen Missständen als auch in individuellen Gesprächen. Trotzdem dürfen wir die Diskriminierung von Frauen unter keinen Umständen hinnehmen. Auch aus diesem Grund wollen wir Ihnen als Gleichstellungsbeauftragte in dieser Themenausgabe Wege aufzeigen, wie Sie Vorurteile, Narrative und Parolen entlarven und ihnen entgegentreten können.

    FAQ-Bereich

    Für wen ist „Gleichstellung im Blick“?

    „Gleichstellung im Blick“ richtet sich speziell an Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragte im öffentlichen Dienst und der freien Wirtschaft in ganz Deutschland.

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    Ja. Wir bieten allen interessierten Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragten die Möglichkeit eine Ausgabe 14 Tage lang kostenfrei zu lesen. Sie entscheiden erst dann, ob Sie einen kostenpflichtigen Bezug möchten oder nicht.

    Was bietet mir „Gleichstellung im Blick“?

    „Gleichstellung im Blick“ bietet allen Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragten relevante, aktuelle und rechtssichere Informationen zur Herstellung von Chancengleichheit in der Arbeitswelt. Neben der gedruckten Ausgabe haben Leser*innen die Möglichkeit eine telefonische Sprechstunde für individuelle Fragen in Anspruch zu nehmen. Ebenso laden wir mindestens 1mal pro Jahr zu einem Netzwerktreffen zum Austauschen und Netzwerken ein. Ein Zugang zu einem Onlinebereich, in dem Sie Muster-Initiativanträge, Checklisten, Übersichten und Muster-Schreiben herunterladen können, rundet das Angebot ab.

    Was genau ist unter Patriarchat zu verstehen?

    Wörtlich genommen bedeutet er so viel wie Vaterherrschaft. In verschiedenen Gesellschaftstheorien bezeichnet das Patriarchat ein System sozialer Beziehungen, das maßgeblich von Männern geprägt und kontrolliert wird.
    Es symbolisiert hierarchische Geschlechterstrukturen, Ausbeutung sowie direkte und indirekte Gewalt an Frauen.

    Wo werden patriarchale Strukturen sichtbar?

    Zum einen auf dem Arbeitsmarkt und in der Unterrepräsentation von Frauen in der Politik und in Führungsetagen. Aber auch auf individueller Ebene haben patriarchale Strukturen mitunter dramatische Folgen für Frauen. Wie zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen im November letzten Jahres bekannt wurde, tötet jeden 3. Tag ein Mann seine (Ex-)Partnerin. Diese Taten sind Folge einer patriarchalen Weltvorstellung, in der Frauen Männern unterstehen und ihnen gehorchen zu haben.