Schwangeren steht während der Zeit ihres Mutterschutzes (grundsätzlich 6 Wochen vor der Geburt und 8 Wochen nach der Geburt eines Kindes) ein sogenannter Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) zu. Wie die Steuerklassenwahl den Zuschuss beeinflusst, damit hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 19.5.2021 auseinandergesetzt (Az. 5 AZR 3 78/20).

Das ist passiert: Beschäftigte wollte, dass Steuerklasse III bei der Berechnung zugrunde gelegt wird

Eine Beschäftigte war als Assistentin der Geschäftsführung zu einem Bruttomonatsentgelt von 2.750 € seit 2008 bei der Arbeitgeberin tätig. Ende 2014 bekam sie ihr erstes Kind. Während der Zeit der Schutzfristen zahlte ihr die Arbeitgeberin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, den sie auf der Grundlage der Steuerklasse III berechnete, die die Beschäftigte damals innehatte.

Die Beschäftigte nahm nach der Mutterschutzzeit Elternzeit und wechselte während dieser Zeit in die Steuerklasse V. Im Sommer des Jahres 2016 bekam sie ihr 2. Kind und beendete vorzeitig die Elternzeit.

Nach der hierbei in Anspruch genommenen Mutterschutzzeit begehrte sie abermals Elternzeit. Die Tätigkeit bei der Arbeitgeberin hatte sie aber nicht erneut aufgenommen. Auch für diese Zeit des Mutterschutzes berechnete die Arbeitgeberin den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld auf der Grundlage der Steuerklasse III.

Mit Ablauf des 23.12.2017 endete die genommene Elternzeit abermals vorzeitig, da ab dem 24.12.2017 eine erneute Mutterschutzfrist im Hinblick auf das erwartete 3. Kind anstand. Für diese Zeit berechnete die Arbeitgeberin den Zuschuss nicht wie bisher auf Grundlage der Steuerklasse III, sondern Steuerklasse V. Gegen diese Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld wehrte sich die Beschäftigte, da ihr Zuschuss deshalb erheblich geringer ausfiel.

In der ersten Instanz hatte das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, danach das Landesarbeitsgericht (LAG) hingegen der Klage stattgegeben. Dagegen legte die Arbeitgeberin Revision ein und beantragte, die Entscheidung des LAG aufzuheben.

Das entschieden die Richter*innen

Das BAG gab der Beschäftigten recht und bestätigte ihr, dass sie einen Anspruch auf Zahlung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld auf der Grundlage der Steuerklasse III habe. Insoweit sei das Urteil des LAG nicht zu beanstanden und die Arbeitgeberin zur Zahlung der Differenz verpflichtet.

Zudem führten die Richter*innen aus, dass die Beschäftigte gemäß MuSchG Anspruch auf den Zuschuss für die Zeit der Schutzfristen sowie für den Entbindungstag habe. Der Anspruch bestehe in Höhe des Unterschiedsbetrags von 13 € zu dem bisher durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt, das die Beschäftigte verdient habe. Die letzten von der Arbeitgeberin abgerechneten Arbeitsmonate waren die vor der ersten Schutzfrist im Jahre 2014.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beschäftigte die Steuerklasse III. Da es sich bei der Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld um die Lohnbezugsmethode und nicht um das Lohnausfallprinzip handelt, müssen für die Berechnung der Höhe des Zuschusses tatsächlich die letzten 3 abgerechneten Kalendermonate zugrunde gelegt werden. Weil diese zu diesem Zeitpunkt mit der Steuerklasse III zu berechnen waren, ging die Beschäftigte zu Recht davon aus, dass auch bei einem späteren Wechsel in die Steuerklasse V trotzdem die Steuerklasse III für die Berechnung des Zuschusses zugrunde zu legen war.

Das bedeutet diese Entscheidung für Sie in der Praxis

Deutlich geworden ist an dieser Entscheidung, dass nur Umstände, die sich in der Zeit des Beschäftigungszeitraums verändert haben, zu berücksichtigen sind, hingegen keine Umstände wie hier der Steuerklassenwechsel nach der aktiven Beschäftigungszeit. Insoweit können in einem vergleichbaren Fall Ihre Kolleginnen dann auch darauf bestehen, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach der zu der Beschäftigungszeit geltenden Steuerklasse berechnet wird.

Meine Empfehlung:
Machen Sie diese Entscheidung bekannt
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Was war ausschlaggebend für den Unterschied und die Entscheidungsgrundlage der Richter*innen?

Da es sich bei der Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld um die Lohnbezugsmethode und nicht um das Lohnausfallprinzip handelt, müssen für die Berechnung der Höhe des Zuschusses tatsächlich die letzten 3 abgerechneten Kalendermonate zugrunde gelegt werden. Weil diese zu dem Zeitpunkt mit der Steuerklasse III zu berechnen waren, ging die Beschäftigte zu Recht davon aus, dass auch bei einem späteren Wechsel in die Steuerklasse V trotzdem die Steuerklasse III für die Berechnung des Zuschusses zugrunde zu legen war.

Worauf sollten Sie also achten?

Umstände, die sich in der Zeit des Beschäftigungszeitraums verändert haben, sind zu berücksichtigen aber keine wie hier der Steuerklassenwechsel nach der aktiven Beschäftigungszeit. Insoweit können Sie in einem vergleichbaren Fall darauf bestehen, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach der zu der Beschäftigungszeit geltenden Steuerklasse berechnet wird.