Ob auf bundes-, Länder- oder kommunaler Ebene: Über die Verwendung gendergerechter Sprache in Verwaltungen wird hitzig debattiert. So auch in Thüringen, wo die CDU-Fraktion Anfang November einen Antrag einreichte, in dem sie den Verzicht auf eine gendergerechte Sprache in der Landesverwaltung, den Landesbehörden und der Landesregierung forderte. Mit einer knappen Mehrheit wurde dieser Antrag angenommen. In diesem Artikel soll es darum gehen, welche Auswirkungen dieser Beschluss für das Land Thüringen hat. Des Weiteren erfahren Sie hier, ob es für Verwaltungen aus rechtlicher Perspektive sinnvoll ist, eine gendergerechte Sprache zu verwenden.

    Streit um gendergerechte Sprache in Thüringen

    Dem Appell der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag folgend, sollen in Fragen der gendergerechten Sprache nur noch die Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung befolgt werden. Dieser rät davon ab, Konstruktionen mit dem Binnen-I („PolitikerInnen“), dem Unterstrich („Politiker_innen“) oder dem Sternchen („Politiker*innen“) zu verwenden.

    Als Motivation, einen solchen Antrag einzureichen, nannte die CDU-Fraktion den Wunsch der Bevölkerung. Denn gendergerechte Sprache sei lediglich ein Projekt einer elitären Minderheit. Ein Großteil der Menschen empfinde diese hingegen als eine Bevormundung und lehne sie deshalb ab.

    Heftige Kritik von SPD, Grünen und Linkspartei

    SPD, Grüne und die Linkspartei kritisierten das Vorgehen der CDU-Fraktion stark. Stimmen aus der Linkspartei warfen der CDU vor, einen rechten Kulturkampf voranzutreiben, den man eigentlich nur von der AFD gewohnt ist. Die SPD stellte hingegen fest, dass die CDU verkenne, dass sich Sprache weiterentwickelt. Die Verwendung gendersensibler Sprache sei ein legitimes Mittel, die Gleichheit der Geschlechter zum Ausdruck zu bringen, heißt es aus SPD-Kreisen weiter. Auch außerhalb des Parlaments gibt es Kritik an dem CDU-Antrag. So nannte die Bildungsgewerkschaft GEW den Beschluss einen Schlag ins Gesicht für alle, die versuchen, inklusiv zu handeln und sprachlich niemanden auszugrenzen.

    Rechtliche Konsequenzen für Thüringen

    Der Beschluss ist bundesweit bisher einzigartig. Ein Verbot der Nutzung gendersensibler Sprache ist er jedoch nicht. Denn der Antrag wurde lediglich als ein Appell und nicht als ein Gesetz verfasst. Nichtsdestotrotz fordert die CDU nun dessen Umsetzung. Demnach sollen der Landtag und die Ministerien, aber auch alle nachgeordneten Einrichtungen des Landes auf die genderge- rechte Sprache verzichten. Dazu zählen auch staatliche Schulen.

    Kritik am Antrag auch außerhalb des Parlaments

    Kritik erfährt das Vorgehen der CDU auch außerhalb des Landtags. Die Bildungsgewerkschaft GEW bezeichnet dieses als ein „Schlag ins Gesicht für alle, die sich bemühen, inklusiv zu handeln und auch sprachlich niemanden ausgrenzen“.

    Auch die Gleichstellungsbeauftragte des Landes Thüringen bezeichnete das Vorgehen als irrsinnig. Auf Twitter machte sie darauf aufmerksam, dass der Rat für deutsche Rechtschreibung überhaupt keine Rechtsetzungskompetenz hat.

    Rechtslage zu sprachlicher Gleichbehandlung

    Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder, Verwaltungsrichtlinien, Beschlüsse und das Organisationsrecht – in Deutschland gibt es zahlreiche Regelungen, die eine sprachliche Gleichbehandlung festlegen.

    In Thüringen ist der Sachverhalt in § 28 des landeseigenen Gleichstellungsgesetzes geregelt. In diesem wird angemahnt, so weit wie möglich genderneutrale Bezeichnungen zu wählen. Die alleinige Verwendung des generischen Maskulinums würde dieser Tatsache also widersprechen.

    Die dritte Option im Sprachgebrauch

    Seit 2017 hat das Bundesverfassungsgericht auch die sogenannte dritte Option rechtlich und gesetzlich anerkannt. Damit wurde auch in Rechtsfragen die Existenz von Geschlechtern jenseits von männlich und weiblich anerkannt.

    Der Auffassung der Rechtsexpertin Prof. Dr. Ulrike Lembke folgend erfordert das Verbot der Geschlechterdiskriminierung (Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz) auch geschlechterinklusives hoheitliches Sprachhandeln. Statt also zurückzukehren zur reinen Verwendung des generischen Maskulinums, müssen wir uns in der Verwaltung vielmehr mit der Frage beschäftigen, wie sprachlich auch die dritte Option eingebunden werden kann.

    Benachteiligung durch das generische Maskulinum

    Es gibt inzwischen zahlreiche linguistische und soziologische Studien, die eine Benachteiligung von Frauen durch die Verwendung des generischen Maskulinums belegen. Auch liegen inzwischen Erkenntnisse vor, die eine erhebliche psychische Belastung von inter*, trans* und non-binären Personen durch die rein männliche Personenbezeichnung belegen.

    Umgekehrt konnten Rudolf Fisch und Burkhard Margies in ihrem Buch „Bessere Verwaltungssprache“ zeigen, dass die gendergerechte Sprache keinen Einfluss auf die Lesbarkeit und Verständlichkeit eines Textes hat.

    Fazit: Verwenden Sie gendergerechte Sprache

    Der aktuelle Rechtsrahmen gibt mindestens die Verwendung genderneutraler Sprache vor. Um jedoch alle Geschlechter anzusprechen, empfehlen wir weiterhin die Verwendung des Gendersternchens oder des Doppelpunkts.

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    Um was geht es bei dem Streit um gendergerechte Sprache in Thüringen?

    Dem Appell der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag folgend, sollen in Fragen der gendergerechten Sprache nur noch die Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung befolgt werden. Dieser rät davon ab, Konstruktionen mit dem Binnen-I („PolitikerInnen“), dem Unterstrich („Politiker_innen“) oder dem Sternchen („Politiker*innen“) zu verwenden.
    Gendergerechte Sprache sei lediglich ein Projekt einer elitären Minderheit. Ein Großteil der Menschen empfinde diese hingegen als eine Bevormundung und lehne sie deshalb ab.

    Wie ist die Rechtslage zu sprachlicher Gleichbehandlung?

    Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder, Verwaltungs- richtlinien, Beschlüsse und das Organisationsrecht – in Deutsch- land gibt es zahlreiche Regelungen, die eine sprachliche Gleich- behandlung festlegen.
    In Thüringen ist der Sachverhalt in § 28 des landeseigenen Gleichstellungsgesetzes geregelt. In diesem wird angemahnt, so weit wie möglich genderneutrale Bezeichnungen zu wählen. Die alleinige Verwendung des generischen Maskulinums würde die- ser Tatsache also widersprechen.