Auch Sie kennen das sicher: Sie bringen Argumente für ein bestimmtes Anliegen und Ihr Gegenüber wischt diese mit einem Satz vom Tisch: „Ja, aber was ist mit …“. Und schon ist der Fokus verschoben – und genau hier liegt der Grund dieses Totschlagarguments: ablenken vom ursprünglichen Kern der Sache. Lernen Sie, diese Dynamik aufzudecken und erfolgreich zu kontern.

Das ist unter „Whataboutism“ zu verstehen

Der Begriff leitet sich ab von der englischen Fragestellung „What about …?“, was so viel heißt wie „Was ist mit …?“. Insbesondere in Debatten, die sich um gesellschaftliche Missstände drehen, wird damit versucht, den Fokus entweder auf ein anderes Thema zu lenken oder die angesprochene Thematik zu relativeren. Die Fragestellungen sind nie konstruktiv und lenken vom eigentlichen Diskurs ab.

Die eigene Unwissenheit überspielen

Machen Sie sich bewusst, dass diejenigen, die Whataboutism betreiben, meist keine stichhaltigen Argumente haben und als Ablenkung rhetorische Nebenschauplätze eröffnen. Durch diese bewusste oder auch unbewusste Taktik muss derjenige der Gegenseite nicht zustimmen oder eigenes Unwissen eingestehen.

Indem man den Fokus auf ein anderes Thema lenkt, kann man den*die Gesprächspartner*in überrumpeln und die eigentlichen Argumente in den Hintergrund drängen. Sich dies Vorgehen bewusst zu machen kann schon einmal helfen, in Whataboutism-Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren und den eigenen Standpunkt weiterhin mit Fakten zu untermauern.

Gleichstellungsdebatten werden zu diskreditieren versucht

Auch bei Themen rund um Genderdiversität verwendet der eine oder andere „(Aber) Was ist mit …?“-Argumente, um die Debatte zu unterbinden oder zu untergraben. Dies kann auch Sie persönlich treffen, sei es in öffentlichen Sitzungen, aber auch in Gesprächen mit der Dienststellenleitung oder bei Zwischen-Tür-und-Angel-Gesprächen.

Meine Empfehlung:
So enttarnen Sie gezielt die Ablenkungsmanöver
Es ist immer hilfreich, auf Situationen vorbereitet zu sein oder aber gewisse Dynamiken zu erkennen, um damit umgehen zu können. Im Folgenden zeigen wir Ihnen anhand einiger Beispiele, wie Sie Situationen besser einschätzen können.

Beispiel 1:
Podiumssitzung zum Thema strukturelle und institutionelle Benachteiligung von Frauen in der Hochschule
Aus dem Publikum kommt eine Frage: „Aber was ist mit den Benachteiligungen von Männern im Fachbereich xy? Darum kümmert sich mal wieder niemand!“

Selbst wenn dies unter Umständen zutreffen mag, kann es nicht mit der strukturellen und institutionellen Benachteiligung von Frauen verglichen werden. Whataboutism sorgt dafür, dass die Gewichtung der einzelnen Thematiken verwischt wird. In diesem Fall hilft es zu sagen: „Ich verstehe Ihr Argument. In diesem Fall geht es aber um die strukturelle und institutionelle Ungleichbehandlung von Frauen an der Hochschule und ich bitte Sie, auch bei diesem Thema zu bleiben. Sollten Sie hierfür keine weiteren Argumente haben, gehen wir zur nächsten Wortmeldung.“

Beispiel 2:
Tweet von ZEIT ONLINE vom 6.3.2022, Twitter
„Während #Putin in den letzten Jahren aufrüstete, kümmer- ten wir uns um den Ausbau von Kindertagesstätten und um mehr Nutztierhaltung. Waren wir naiv?“

Hier zeigt sich, dass in Zeiten von existenzieller Bedrohung definiert wird, was als gesellschaftlich wichtig oder unwichtig betrachtet wird. Der Ausbau von Kinderbetreuung und der damit verbundenen besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf scheint eine Zeitverschwendung gewesen zu sein. Für das eigentliche Problem wird hier ein Grund vorgeschoben, der damit in gar keinem Zusammenhang steht.

Argumente solcher Art werden Ihnen vermutlich häufiger begegnen. Hier dürfen Sie ganz klar sagen, dass das eine mit dem anderen in keinem Zusammenhang steht. Pochen Sie darauf, beim eigentlichen Thema zu bleiben, und dass Sie gern an einer fachlichen Diskussion darüber interessiert sind.

Beispiel 3:
Auszug aus der Rede vom 27.2.2022 von Alice Weidel, AfD, im Deutschen Bundestag zum Ukrainekonflikt
„Wer soll uns noch ernst nehmen, wenn wir uns wirtschaftlich und militärisch das Rückgrat brechen und uns anstatt mit realen Problemen mit Gender-Gaga und ideologischen Experimenten dort beschäftigen?“

Der Feminismus als Angriffsfläche aus rechter Ecke ist nicht neu. Die Problematik hierbei ist, dass durch die Gegenüberstellung von 2 völlig trennbaren Thematiken, die nichts miteinander zu tun haben, ein Zusammenhang aufgebaut wird, der feministischen Themen die Legitimation abspricht und mit der Wortwahl auch noch ad absurdum geführt wird. Das Problem: Worte wirken. Benennen Sie gezielt die Taktik und gehen Sie vehement gegen solch eine Verklärung vor.

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„Gleichstellung im Blick“ richtet sich speziell an Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragte im öffentlichen Dienst und der freien Wirtschaft in ganz Deutschland.

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Ja. Wir bieten allen interessierten Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragten die Möglichkeit eine Ausgabe 14 Tage lang kostenfrei zu lesen. Sie entscheiden erst dann, ob Sie einen kostenpflichtigen Bezug möchten oder nicht.

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Was ist unter „Whataboutism“ zu verstehen?

Der Begriff leitet sich ab von der englischen Fragestellung „What about …?“, was so viel heißt wie „Was ist mit …?“. Insbesondere in Debatten, die sich um gesellschaftliche Missstände drehen, wird damit versucht, den Fokus entweder auf ein anderes Thema zu lenken oder die angesprochene Thematik zu relativeren. Die Fragestellungen sind nie konstruktiv und lenken vom eigentlichen Diskurs ab.

Auf was ist „Whataboutism“ zurückzuführen?

Diejenigen, die Whataboutism betreiben, haben meist keine stichhaltigen Argumente und eröffnen als Ablenkung rhetorische Nebenschauplätze. Durch diese bewusste oder auch unbewusste Taktik muss derjenige der Gegenseite nicht zustimmen oder eigenes Unwissen eingestehen.
Indem man den Fokus auf ein anderes Thema lenkt, kann man den*die Gesprächspartner*in überrumpeln und die eigentlichen Argumente in den Hintergrund drängen.