Am 16.1.1972 verkündete Hans-Dietrich Genscher offiziell das Aus des Wortes „Fräulein“ aus dem Amtsdeutsch. 50 Jahre später ist auch festgelegt, dass wir die Gleichstellung von Männern und Frauen sprachlich ausdrücken müssen. Doch obwohl eine scheinbare sprachliche Gleichstellung der Geschlechter erreicht wurde, geht die Debatte um das Thema weiter. Zentraler Gegenstand der Diskussion ist dabei meistens der Gebrauch des Gendersternchens. Warum es wichtig ist, die Debatte unermüdlich weiterzuführen, und warum auch Sie als Gleichstellungsbeauftragte auf dessen Verwendung beharren sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.

    Warum ist das Wort Fräulein diskriminierend?

    Es ist kaum zu glauben: Doch selbst 50 Jahre nach der Abschaffung des Wortes Fräulein aus dem Amtsdeutsch finden immer noch Diskussionen darüber statt, ob dessen Verwendung diskriminierend ist. Noch immer heißt es, dass damit doch eigent- lich nur eine besondere Ehrerbietung entgegengebracht werden möchte. Ein erstes Indiz, dass dies nicht stimmen kann, belegt allerdings die Tatsache, dass es kein männliches Pendant dazu gibt.

    Macht man sich etwas genauer Gedanken über das Wort, fällt einem auf, dass es mit Ehrerbietung wenig zu tun hat. Bei der Doppelanrede von Frau – Fräulein handelt es sich vielmehr um eine „offizielle Einteilung und Wertung des gesamten weiblichen Geschlechts nach seiner erklärten Beziehung zum Manne“. Während also bei Männern der Personenstand (verheiratet oder nicht) eine Privatsache ist, handelt es sich bei der Frau um ein Thema des öffentlichen Interesses (Quelle: https://bit.ly/3th1RFI).

    Der Streit um das Gendersternchen

    Aus der heutigen Perspektive lässt sich die Debatte um das Wort Fräulein kaum noch nachvollziehen. Die Tatsache, dass man eine weibliche unverheiratete Person einfach Frau nennen darf, erscheint allzu selbstverständlich. Das Verbot des Wortes ist dennoch ein Stück Emanzipations- und Gleichstellungsgeschichte und macht noch einmal deutlich: Sprache wandelt sich.

    Und das ist ein durchaus motivierendes Zeichen im Kontext der aktuellen Debatte um die Verwendung des Gendersternchens. Heute wird es noch allzu oft als eine Absurdität bezeichnet, doch ähnlich war es bei dem Verbot des Wortes Fräulein auch – und das noch bis weit in die 1980er-Jahre hinein (Quelle: https://bit.ly/3iakXGX).

    Die Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch äußerte sich Anfang des Jahres im GEO-Magazin dazu wie folgt: „Feministische und queere Sprachpolitik tritt ein für die sprachliche Sichtbarkeit von Frauen und Diversen, die durch das Gendern erreicht wird. Warum sollte auf den ersten Schritt nicht der zweite folgen?“ (Quelle: https://bit.ly/37zFVgy).

    Es lohnt sich also, die Debatte um die Verwendung des Gendersternchens weiterzuführen. Das zeigt auch die steigende Akzeptanz vor allem unter jüngeren Menschen.

    Es ist noch ein weiter Weg

    Dennoch erscheint der Weg bis zur offiziellen Einführung noch weit. Dies macht insbesondere die Äußerung der ehemaligen Frauen- und Familienministerin Christine Lambrecht deutlich. In einer offiziellen Empfehlung gab ihr Ministerium bekannt, dass Sonderzeichen als Wortbestandteile in der offiziellen Kommunikation nicht zu verwenden seien (Quelle: https://bit.ly/3tWiKEC). Selbst unter Frauen ist die Verwendung einer gendergerechten Sprache äußerst umstritten. Allzu oft schlägt einem das Argument entgegen, sie würden sich doch auch von der männlichen Form angesprochen fühlen.

    Männliche Bilder im Kopf

    Natürlich stimmt es, dass sich viele Frauen auch angesprochen fühlen, wenn in einem Satz nur die männliche Form genannt wird. Es stimmt auch, dass die männliche Form grammatikalisch für alle gilt. Dennoch zeigen eine Vielzahl psychologischer Studien, dass bei der Verwendung der männlichen Form in einem Satz sich die Menschen vor allem Männer vorstellen. Die Verwendung der männlichen Form erzeugt in unserem Kopf also aktiv männliche Bilder (Quelle: https://bit.ly/3IkEG1b).

    Mehr Diversität im Kopf

    Das Gendern hingegen führt aktiv zu mehr Diversität im Kopf. So konnte eine Studie belegen, dass gedanklich mehr Frauen miteinbezogen werden, wenn ein Text gegendert wird (Quelle: https://bit.ly/3IkEG1b). Auch hat das Gendern einen konkreten Einfluss auf den beruflichen Kontext. So konnte in einer Studie ebenfalls belegt werden, dass bei der Ausschreibung einer Führungsposition Bewerberinnen als genauso kompetent wahrgenommen wurden wie ihre Mitbewerber, wenn die Formulierung „ein Geschäftsführer oder eine Geschäftsführerin gesucht“ verwendet wurde.

    Fazit: Mut zum Gendern!

    Gendern hat einen signifikanten Effekt auf die Gleichstellung und sollte deshalb zur Praxis werden. Doch Äußerungen wie die der ehemaligen Familienministerin zeigen, dass es noch ein weiter Weg ist, bis Gendern zur Normalität wird. Lassen Sie sich dennoch nicht entmutigen und denken Sie an die Geschichte des Verbots des Wortes Fräulein.

    FAQ-Bereich

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    „Gleichstellung im Blick“ richtet sich speziell an Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragte im öffentlichen Dienst und der freien Wirtschaft in ganz Deutschland.

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    Was bietet mir „Gleichstellung im Blick“?

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    Warum ist das Wort Fräulein diskriminierend?

    Noch immer heißt es, dass damit nur eine besondere Ehrerbietung entgegengebracht werden möchte. Ein erstes Indiz, dass dies nicht stimmen kann, belegt allerdings die Tatsache, dass es kein männliches Pendant dazu gibt.
    Bei der Doppelanrede von Frau – Fräulein handelt es sich vielmehr um eine „offizielle Einteilung und Wertung des gesamten weiblichen Geschlechts nach seiner erklärten Beziehung zum Manne“. Während also bei Männern der Personenstand (verheiratet oder nicht) eine Privatsache ist, handelt es sich bei der Frau um ein Thema des öffentlichen Interesses.

    Warum sollte die Debatte um das Gendersternchen weitergeführt werden?

    Die Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch äußerte sich Anfang des Jahres im GEO-Magazin dazu wie folgt: „Feministische und queere Sprachpolitik tritt ein für die sprachliche Sichtbarkeit von Frauen und Diversen, die durch das Gendern erreicht wird. Warum sollte auf den ersten Schritt nicht der zweite folgen?“.
    Es lohnt sich also, die Debatte um die Verwendung des Gendersternchens weiterzuführen. Das zeigt auch die steigende Akzeptanz vor allem unter jüngeren Menschen.